Donnerstag, 6. November 2008

Streifenhoernchen und ein huehnerhafter Nuernberger





































Mein erster Tag, den ich sozusagen allein verbracht habe. Da bemerke ich wieder einmal, wie anders es ist, alleine zu reisen. Da ist einfach niemand, der einen durch die Gegend leitet. Das hat für mich vor allem den Vorteil, dass ich jetzt meine Umgebung intensiver wahrnehme und mich nicht vor allem auf die Gruppe und die einzelnen Charaktere einlasse. Mein Weg ging, wie gestern von der netten Rachana empfohlen zu Qutb Minar, einem alten, recht hübschen Turm. Wie mich mein guter Lonely Planet belehrt, handelt es sich um ein herausragendes Beispiel Afghanischer Architektur aus Zeiten um 1200. Nun, man macht also auch seine Hausaufgaben ;). Dort traf ich auf eine deutsche, eine italienische und eine kleine französische Gruppe, so dass ich wirklich alle meine Fremdsprachen gut brauchen konnte. Ein Nuernberger aus der deutschen Gruppe unterhielt sich mit mir und war steif und fest überzeugt, dass ich zu seiner Gruppe gehöre. Als ich ihm sagte, dass das nicht der Fall sei, geriet er in helle Panik und suchte die anderen wie ein aufgescheuchtes Huhn. Gottseidank bleibt mir so eine Albernheit erspart, ich lasse dafür aber kaum eine andere aus ;). Am lustigsten war aber eine große Gruppe Kinder, es müssten so an die vierzig gewesen sein, die mich da laufen sahen und alle auf mich zurannten, mich begeistert anschauen und mir alle die Hand geben wollte. Ich kam mir vor, als müsste ich mindestens Michael Jackson sein. Ich zeig Euch die Kinder auf dem Photo.

Ha- und ich habe nun eine indische Handynummer: 0091 9911767743 – freundliche SMS sind mir jederzeit mehr als willkommen! Das Telefonieren kostet zwei Cent in der Minute, die SMS ebenfalls. Mit meinen neuen indischen Kontakten ist das alle sehr nett und praktisch.

Besonders verliebt habe ich mich in die vielen putzigen Streifenhörnchen, die hier überall herumsausen. Damit will ich freilich nicht die hübschen grünen Papageis schmälern, aber so putzig sind die natürlich nicht. Richtig gespannt bin ich auf meinen ersten Affenkontakt, wobei mich Kavita, meine amerikanische Mitbewohnerin, gewarnt hat, dass sie glänzende Dinge sehr mögen und mir vielleicht die Brille zu klauen versuchen werden. Kavita hat mir erzaehlt, man trifft hier auch immer wieder Kamele und Elefanten auf der Strasse. Letztere darf man am Kopf streicheln und sie sollen einen dann segnen, wenn man ihnen einen Rupee gegeben hat.

Ansonsten habe ich mittlerweile weit mehr Zutrauen. Am Abend war ich mit Sanju, einer Freundin von Rachana, deren Schwester und einer weiteren Freundin unterwegs. Das lustige ist, dass ich in meinen weiten Kawarklamotten ganz furchtbar indisch herumlaufe und sie mit Jeans und engen T-Shirts viel westlicher aussehen als ich. Sie sind sehr selbstbewusst, stoppen viele Autorikshafahrer und schicken sie weiter, wenn ihnen der Preis zu hoch erscheint. Meine Zurückhaltung und dass ich den Männern nicht in die Augen zu schauen versuche, wie mir der Lonely Planet geraten hat, ist in diesem Kontext dann fast ein wenig lächerlich. Aber trotz aller Verwestlichung sind sie fest im Kastensystem verankert und eine hat mir erzählt, dass sie zwar einen boyfriend hat, diesen aber nie heiraten könnte, weil er in einer höheren Kaste ist. Sie kann Single bleiben oder sich in eine Verheiratung fügen, aber das freie Auswählen ist nicht drin.

Sport war für mich dieser Tage vor allem auf die „Bürgersteige“ zu hüpfen, die fast hüfthoch sind. Nun, die Inderin läuft aber nicht, sondern lässt sich mit einem der erreichbaren Höllengefährte chauffieren, daher ist das nicht weiter schlimm. Ich wurde jedenfalls von meinen indischen Mädels recht beschmunzelt als ich ihnen heute erzählte, dass ich circa fünf Kilometer gelaufen bin. Sie haben mir auch erzählt, dass ich innerhalb des Ashrams sogar joggen kann, was ich sicher morgen tun werde.

Ich bin schon zu einer beschäftigten Frau avanciert, mit zwei Verabredungen morgen, mit einem Deutschen, der hier lebt und mit den indischen Mädels am Abend. Delhi Heart, ein ruhiger und schöner Markt mit Dingen von allen Gebieten Indiens, wo wir heute abend zu viert in einer Riksha hinfuhren, war schon richtig nett. Und das Essen bei „Mr.Billiken“ war fast noch besser. Naan Brot in Deutschland ist schon eine Wucht, hier ist es wirklich unübertroffen. Mal sehen, was sie morgen mit mir unternehmen wollen. Selbst sind sie noch nie aus Indien rausgefahren und scheinen den exotischen Kontakt mit mir zu genießen. Mich freuts und ich fühle mich bestens aufgehoben!

Die Inderinnen mobilisieren gerade für mich ihre Kontakte nach Uttarakhand, die Himalayagegend, so dass ich dort eine nette Zeit verbringen kann. Besonders freue ich mich auf die Option, in einem Ashram mitzuhelfen, in dem man sich um Waisenkinder kümmert. Vielleicht begleitet mich Kavita, die heute von meinen Korrekturleserfähigkeiten für einen Text im größten hiesigen spirituellen Magazin profitieren durfte. Sie schaetzt den Analytikerverstand, meint sie, glaubt aber, dass ich durch die Reise noch mehr auf meine rechte Gehirnhaelfte zurueckgreifen werde. Sie erzählt mir von ihren Reisen und wie sie wo am besten vorangekommen ist. Vielleicht reist sie mit mir eine Station weiter, was ich sehr angenehm faende. Ich jedenfalls lerne ständig dazu in großen und in kleinen Dingen und in kleinen Pläuschchen mit unterschiedlichen Leuten, die sich hier im Ashram sammeln.

Ich fange an, die Zeit hier wirklich zu genießen und gewöhne mich täglich besser an die Menschen hier. Vor allem finde ich die vielen Farben toll. Warum sollte man vor allem in schwarz herumlaufen? Ein Händler fragte mich heute, woher ich sei und als ich es ihm sagte, wollte er mir gleich einen schwarzen Kawaar andrehen. „Deutsche wollen immer was schwarzes“, meinte er. Ohje, was hinterlassen wir denn für ein Bild? Gebremst werden die Farben hier nur durch den vielen Staub, der in der Früh etwas angestrahlt wird. Wir würden das in Deutschland Sonnenaufgang nennen, ich bin mir hier nicht so sicher. Und ich habe seit ich hier bin einen rauen Hals, was mir komplett neu ist. Es ist durchaus dreckig und staubig in der Luft. Ayurvedische Tulsimedizin soll nun helfen. Man darf gespannt sein! Vor allem auf die Inder, die es als ihren Job ansehen, den Leuten durch schreckliche Geraeusche und haessliche Bemalung so lange auf den Nerv zu gehen, bis man ihnen fuer ihr blosses Verschwinden Geld gibt. Das wird natuerlich durch das Kastensystem gerechtfertigt -es ist ihre Bestimmung, sich so zu verhalten, hat mir Kavita erzaehlt. Wird sicher ein Vergnuegen, wenn sie uns im Nachtzug begluecken!

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