Mittwoch, 5. November 2008

Gandhitag




Puh – wenns darum geht, abzuarbeiten, was man mir mit auf den Weg gegeben hat, so kann ich heute einen weiteren Punkt abhaken: Jaha, es ist anstrengend hier! Das kommt zwar auch vom Jetlag, liegt aber vor allem an Lärm und Geschäftigkeit. Erstaunlich, wie viele kleine und große Fahrzeuge sich hier aneinander drängen. Zwei Autorikshas, ein Bus, dazwischen noch drei Roller und ein Motorrad sind ganz üblich. Und als armer Fußgänger rennt man lebensmüde irgendwie von der einen auf die andere Seite.

Frisch geschniegelt in meiner indischen Tracht hab ich heute viel Lob eingefahren (what beautiful colours- it really suits you!!) - Ihr könnt selber gucken, was Ihr davon haltet! Das Adaptieren an die
Standards scheint mir in der coolen Businesswelt ganz gut, hier aber weit wichtiger. Es gewährt gewissen Respekt und Zuneigung und erleichtert somit das Fortkommen. Heisst es und erfahre ich auch ein wenig.

Heute war der große Gandhitag. Die Quaker und ich fuhren in einem Mini in der Größe eines Twingo zu fünft plus Fahrer kuschelig zur Gandhi Peace Foundation. Dort wurden wir darüber unterrichtet, wie schwer es die Leute auch heute noch haben, ihr bisschen Land zu verteidigen und dass im Grunde Armut hier kein Problem sein müsste, gäbe es nicht diese masslose Gier einiger weniger. Da tut gewaltlos Veränderung hier wie überall sonst Not. Es stimmt: die Menschen sind doch überall gleich, wollen ihren Frieden, ein kleines Plätzchen, an dem sie leben können und eine Familie, mit der alles gut läuft. Ein Ziel meiner Reise ist sicher, diese Erkenntnis zu stärken: wie sehr sich die Menschen ähneln und wie sehr wir doch trotz anfänglicher Fremdheit zusammengehören und auch – hängen. Was weitere Lerneffekte anlangt, halte ich Euch auf dem Laufenden ;). Als Krönung des Vortrags tanzte uns Gauri, eine Yogalehrerin und sehr strahlende, energiegeladene Inderin das Leben Gandhis vor. Sie ist Single und liebt ihr Rebellentum, das Flirten und Deutschland. Bald will sie einen Tanz fuer Michael Endes Momo entwerfen und nach Deutschland kommen. Dass ich Deutsche bin, hat sie so gefreut, dass sie mich herzlich umarmt hat.

Und wenn schon Gandhi, dann richtig, ging es weiter zum Gandhimuseum, in dem unter anderem seine Dritten Zähne und sein Lieblingszahnstocher ausgestellt sind. Die Verehrung ist grenzenlos. Um den Ort seiner Ermordung wurde ein Park mit Gedenkstätte gefeiert, am Boden seine letzten Schritte einbetoniert. Ich habe mich von all dem mitreißen lassen und werde die hier erworbene Gandhibiographie von Louis Fischer lesen. Ich kann mir nicht helfen, ich muss immer an den Film und damit an Ben Kingsley als Gandhi denken.

Man kann hier doch mehr Geld als gedacht ausgeben, zehn Euro Übernachtung und Vollpension plus Herumfahren und Klamotten- und Bücherkauf und schon ist man auch sechzig Euro los. Nun ja, auf dem Land soll es billiger sein und die Verhältnismäßigkeit will ich nun auch nicht verlieren. Eine Französin, die hier als Freiwillige arbeitet, empfahl mir, in der Himalayagegend in einem Ashram Station zu machen. Dort sei es einfach, aber billig und unfassbar malerisch. Auf den Ashramgeschmack kann man im Sri Aurrobindo Ashram durchaus kommen, es ist ruhig, sauber und das Essen ist gut und dem westlichen Magen angenehm. Man fühlt sich sicher und wohl, wie mir auch die Quaker bestätigen. Wir sind auf weitere, teils australische Quaker getroffen. Ein herrlicher, kleiner Vorgeschmack auf die Menschen, zu denen ich bald reise. Einer von ihnen, Mary-Anne, steht das Lachen ins Gesicht geschrieben. Als ich ihr das sagte, lachte sie natürlich und meinte: „mich hat mal jemand auf einer Konferenz gefunden mit der einzigen Info „sie lacht gern“.“ Mit meiner kleinen Reisegruppe werde ich nun noch mitfiebern, ob Obama gewinnt, wie wir alle hoffen, nachdem wir nun schon unser Beileid für seine gerade verstorbene Oma einander kundgetan haben. Ich habe ein gutes Leben als adoptiertes Quakermaskottchen, das die Truppe zum Lachen bringt.

Ich mag die vielen kleinen Streifenhörnchen, die hier durch die Bäume flitzen und muss mich zurückhalten, die Hunde nicht zu streicheln, die hier herumstreunen. Natürlich zeigt sich auch die Armut, die Menschen haben sich teils auf dem Boden neben den dicht gedrängten Straßen zum Schlafen zusammengerollt.

Das einzige, was mich noch ein wenig nervös macht, ist die Transportfrage. Wie komme ich hier alleine weiter? In einer Autoriksha, was eine wilde Tour verspricht? In einem Taxi, von dem man nicht so ganz genau weiß, wie und wer es wo hin fährt? Mit dem Bus, dessen Beschriftung ich außer der Zahl der sogenannten Linie nicht lesen kann? Mit der vielleicht gar nicht existenten Metro? Morgen treffe ich Rachana, eine Doktorandin, die in Regensburg war. Sie wird mir schon noch ein paar Tipps geben. Eine amerikanische Bekannte hier im Ashram, die schon seit vielen Jahren in Indien lebt, meinte „Don't worry – India will take care of you!“ und das hat es auch schon in vielen Weisen. Heute stand eine Freundin besagter Rachana vor meiner Tür, um mir ihr Handy zu geben, so dass ich mit Rachana sprechen konnte. Einfach so – Service und Fürsorge kommen in großem Maß zu mir!

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