Dienstag, 23. Dezember 2008

Weihnachtsglück in Raglan



Ganz liebe Weihnachtsgrüsse an alle, die hier virtuell mit mir mitreisen! Vielen Dank für Eure netten Kommentare, es macht wirklich Spass, für Euch zu schreiben!

Ich bin nun schon den dritten Tag in Raglan, bei, auf, unter und in Neuseelands berühmtesten Wellen. Ich hatte befürchtet, ich müsste meine Surferei nochmal von vorn anfangen, aber das stimmt nicht. Ich stehe noch immer auf dem Brett, was für mich einen wahren Glücksrausch und lautes Jubelgeschrei bedeutet, was von einer Engländerin kommentiert wurde mit „You've got a constant smile on your face!“. Nach dem ersten Abend am Strand bei Sonnenuntergang mit einem Bodyboard, auf dem man nicht stehen, sondern nur mit den Wellen gleiten kann, hab ich gestern die Wellen auf einem richtigen, echten Surfbrett genossen und beste Bedingungen für mich vorgefunden. Wenn schon nicht skifahren, dann surfen zu Weihnachten, das ist doch eine herrliche Alternative. Die Wellen, das Brett und ich. Mehr zählt da nicht. Und das Glück ist immer dabei.

Auch das Hostel ist toll. Mit 28 NSD (man kann hier einfach wieder in Mark denken, also 14 Euro) sehr erschwinglich. Man ist angehalten, die Schuhe draussen auszuziehen und es werden offenbar nur nette Menschen aufgenommen (ich hoffe auf keine Widerworte von Euch!). Ein betrunkener Kerl wurde einfach weiter geschickt, mir aber eine ganze Woche gegeben, obwohl erst nichts frei war. So ergibt es sich, dass alle mit einem Lächeln herumlaufen und wir uns bestens verstehen. Die meisten surfen, essen gesund und brauchen keine Besäufnisse und Lärm, um glücklich zu sein. Man unterhält sich gemütlich, kocht gemeinsam und sitzt zusammen im warmen Whirlpool und könnte sogar in die Infrarotsauna und guckt DVDs am Abend. Eine grosse, schöne WG mit Heizdecken für die Verfrorenen.

Hier habe ich auch Alan, einen 76-jährigen Engländer, kennen gelernt. Er schreibt wunderbar witzige Gedichte und wir plaudern viel. Besonders gefällt mir, dass er auf einem seiner letzten Neuseelandbesuche Anne kennengelernt hat, die mittlerweile 27 ist. Sie hat nie einen Grossvater erlebt und er hat nur einen Enkel. Nachdem sie sich so gut verstanden und Alan mit ihr shoppen ging, aber auch wie sie gerne lange Wanderungen unternimmt und im letzten Jahr sogar einen Tandemfallschirmsprung gemacht hat, haben sie festgestellt, wie sehr sie sich mögen und verstehen und er bot ihr an, sie als Enkelin zu adoptieren. Sie ist ganz wie eine echte Enkeltochter für ihn und sie treffen sich regelmässig. Alan will dieser Tage mit uns surfen gehen. Das Leben wird hier genossen, in vollen Zügen, von allen, die ich getroffen habe. Verspieltheit und Freude haben nichts mit Alter zu tun und Sorgen auch nicht. Hier fühle ich mich daheim.

Claudia aus München ist mit eigenem Surfbrett wie ich über Indien angereist und wir tauschen unsere gemeinsamen Geschichten von dort aus. Als Westler macht man doch ähnliche Beobachtungen in diesem so ganz anderen Land. Wir sind beide sehr froh, dort gewesen zu sein und mindestens so glücklich über unsere Zeit hier.

Natürlich ist das Leben hier im Hostel wieder ganz anders als auf den Farmen. Die Menschen tragen bunte, lustige Surfklamotten und sind alle unterwegs, die meisten haben sich wie ich länger Zeit genommen und arbeiten hier auch. Ich war bis dato sehr sparsam und mein Kontostand ist immer noch sehr solide, aber ich gucke mich dennoch nach Jobs um. Die Deutschen, die hier in meinem Zimmer wohnen, haben gerade fünf Wochen auf Weinbergen gearbeitet und wissen nun den Wein weit mehr zu schätzen. Ich habe ein Angebot, Blaubeeren zu pflücken, das ich annehmen will.

Es ist einfach immer viel los und ich halte es kaum aus, still zu sitzen und die weitere Reise zu planen, auch wenn es heute regnet. Man könnte ja kayaken, radeln, fischen, wandern. Ich werde mich nochmal in die Wellen stürzen und mein Standvermögen erweitern. Es ist schwer, dieses Leben nicht zu mögen. Gut gelaunte Menschen, mit denen man sich austauschen kann, unzählige Dinge, die man tun kann, eine herrliche Landschaft. So lässt sich das Leben aushalten, auch wenn es einfach nichts mit Weihnachten zu tun zu haben scheint, so sehr man sich auch bemüht, mit Bäumen und Girlanden. Aber eines kann ich sagen: es braucht nicht viel fürs Glück. Ein ordentlicher Rucksack, ein paar gute Wellen und Menschen, denen man gerne vertraut. Das ist doch auch Weihnachten, irgendwie.

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