Donnerstag, 11. Dezember 2008

Unkraeuter bei einer netten Familie



Kleiner Tipp für Leute mit Angst vor Jetlag: einfach vor der Abreise viel zu wenig schlafen und schon wird alles wunderbar. Ich jedenfalls habe mich hier schon locker eingewöhnt. Nach zwölf Stunden babygleichem Schlaf bin ich meine Steuernummer anfordern gegangen, die in einer Woche da sein sollte. Welche Jobs ich nun genau suche, überlege ich noch. Es zieht mich nicht recht in ein Büro, wie ich zugeben muss. Und für jetzt habe ich schliesslich schon das Wwoofen entdeckt: ich bin eine Stunde nördlich von Auckland mit dem Bus gefahren und wurde in Warkworth von Karen abgeholt. Sie und Bob leben hier mit den drei Kindern Alec, Sean und Ella auf einem wirklich grossen Anwesen mit einer Ziege, einer Kuh, einigen Hühnern, einer Katze, ein paar Schafen, einem Hasen und einer Wasserschildkröte. Die Kinder sind sehr lebendig und ich habe meinen Spass mit ihnen, beim Fangen, auf dem Trampolin und bei Herumtoben im Gras. Sie sind an ausländische Gäste gewöhnt, hatten für längere Zeit einen japanischen 18-jährigen Buben und auch sonst einige Wwoofer hier.Gleich zu Beginn hab ich mich umgedreht und bei der Gelegenheit Sean, den mittleren, mit einer Tasse Tee uebergossen. Naja, man nahm es locker... Auf dem Grundstück muss die Tage Unkraut gejätet werden, Karen kann sich nach einer Operation am Arm nicht darum kümmern, daher wird das die Tage mein Job sein. Im Austausch dafür habe ich ein gemütliches kleines Häuschen im Garten, sogar mit Fernseher, in den ich wohl nie schauen werde und darf mitessen. Ich sehe das Meer von hier und bin von den Kindern enthusiastisch eingeladen, mit in den Wald zu einem Wasserfall zu gehen und die Glühwürmchen zu beobachten. Vielleicht hat Bob sogar Lust, am Wochenende sein Surfboard zum Strand zu tragen, wer weiss, oder wir malen sein Boot an, mit dem er gerne rausfahren würde. An den Nachmittagen kann ich laufen, zum Strand oder mit Bobs Fahrrad die Gegend erkunden. Er arbeitet in der IT-Branche als Berater. Karen scheint zu Hause zu sein. Ich lerne das neuseeländische Familienleben kennen und wurschtle in der Erde und tue was für die Natur. Wwoofing scheint wirklich geeignet für mich zu sein.

Nach einem Lauf in Auckland mache ich mir jedenfalls nun wirklich keine Sorgen um meine Fitness mehr. Hier gibt es jede Menge Gelegenheit, durch Sport und körperliche Arbeit stark, aber auch müde zu werden. Das scheint genau die Art von verspieltem Land zu sein, das ich mir erhofft hatte. Man ist sehr sicherheitsbewusst mit Fahrradhelmen überall und auf den Fussgängerwegen sind Haie aufgemalt mit dem Spruch davor, dass man sich nicht in ein Haibecken begeben würde und daher auch nicht den Tod durch das Überqueren der Ampel bei Rot riskieren soll. Nach Indien kann ich sagen: putzig.

Ziemlich seltsam mutet mir hier die Weihnachtssache an. Die Bartletts haben einen Weihnachtsbaum, ungefähr so, wie man ihn von Amerika erwartet mit vielen Kugeln und Figuren, sehr ebenmässig und man sieht einen Riesenweihnachtsmann in der Stadt und hört Weihnachtslieder. Dabei ist es so warm, dass ich in Flipflops herumlaufe. Mit Weihnachten hat das für mich alles nichts zu tun und es wirkt ein wenig wie eine Farce für mich.

Ich habe meine Zeit in Buchhandlungen und der Auckland Art Gallery verbracht, wo ich Zeitgenossen zu sehen bekam. Es hat alles etwas von Weite und da ist viel Grün und Natur zu sehen. Kein Wunder bei der Umgebung. Alles ist hübsch und grün und behaglich und so sicher, dass man sich über Einbrecher keine Gedanken macht. Was das Wasser anlangt, wird Regenwasser aufgefangen und getrunken. Und ich bin einer meiner Lieblingsfremdlandbeschäftigungen nachgegangen: ich war im Supermarkt. Oh wie herrlich sind die vielen Dinge, die man hier finden kann: leckere Biomilch, viel Obst und Gemüse direkt aus der Gegend, frisch und prall und reif. Grosse, leckere Schokoladen. Ich hab mir Spargel mit Kartoffeln für die Hostelküche gegönnt- eine wirklich gute Wahl und billiger als daheim! Dem starken Euro verdanke ich einen moderaten Reichtum. Und überhaupt: die Reisezeit mit all den finanziellen Unsicherheiten ist gut. Die Preise sind nicht so hoch und ich hätte vermutlich in Deutschland momentan Probleme, einen guten Job zu finden. Ernte scheint immer zu gehen und meine Sitznachbarinnen im Hostel arbeiteten dort mit und mussten somit nix für die Unterkunft zahlen und eine von ihnen hat einen Barjob. Starbucks sucht Leute und andere Ketten wohl auch. Ich überlege, ob ich nicht „How Starbucks saved my life“ vorher lese. Und Greenpeace sucht Freiwillige gegen Bezahlung. Kosmetik hingegen mag ich nicht unbedingt an die Tussi bringen, das gäbs auch. Es scheint viele Chancen zu geben und die Leute, die die Jobs machen, scheinen sogar richtig Spass daran zu haben. Na denn.

Erbauliche Sprüche hab ich jedenfalls für die sicher noch folgenden Klippen gefunden: Shoot for the moon. Even if you miss, you'll land among the stars.

Und:
risk more than others think is safe
care more than others think is wise
dream more than others think is practical
expect more than others think is possible.
cadet maxim

Ich habe auch einen Dichter für mich entdeckt, der hier recht populär zu sein scheint. Sein Name ist Sam Hunt und ein neuer Gedichtband mit dem Titel „doubtless“ ist gerade herausgekommen. Kostprobe?

Oterei rivermouth

I get to think that God
is somewhere there between the rivermouth and sea

helplessly
with only a broad sky a bored dog and me
listening.

Und:

Talking of the weather

winter's got its teeth in
and it's going to get worse
a lot worse than this
before it gets better

before you come to, brother,
and find overnight a snowfall
lower than any local
today can recall

your dead grandmother
out on the verandah
cannot (rumour) remember
snow as low either

a lot worse than this
before it gets better
and we've not even started, brother,
talking of the weather.

Ich finde, der Mann transportiert einfach Stimmung.

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