Dienstag, 9. Dezember 2008

Fast wie daheim - oder ein bisschen besser?


Da war ich gerade dabei, mich von Indien zu verabschieden, als noch erstaunliche Dinge passierten. Rachana wollte mich in Delhi nochmals zum Dinner treffen und brachte zwei Freunde mit. Der Abend wurde sehr lustig im schon gewohnten vegetarischen Restaurant, wo ich mich mit der indischen Küche versöhnte. Einer der Freunde, der gekommen war, heisst Manish (man sieht uns auf dem Photo) und betreibt einen kleinen Ashram in Ramgar in Uttarakhand, wo ich es nicht mehr hin geschafft hatte. Er übernachtete ebenfalls im Sri Aurobindo Ashram und so ergab es sich, dass wir das Dach des Ashrams erklommen, durch die vom Dreck diesige Nacht vier ganze Sterne sahen und die Flugzeuge beobachteten, die über uns gen Flughafen bretterten. Dank Schlafsack und Thermarestmatte war die Nacht dort oben eine gemütliche Sache, zumal die Matte bequemer ist als die meisten indischen Betten, die eh nur aus einem Brett mit sehr dünner Auflage bestehen. An Schlaf war kaum zu denken, aber in Anbetracht des langen im Flugzeug Sitzens und der Tatsache, dass mich der Jetlag sowieso kriegen würde, war das auch egal. Und irgendwie sucht man doch genau nach solchen Begebenheiten auf einer solchen Reise.

Am Flughafen in der Früh hat sich Dalraj, ein SAP- Experte mit Turban (also ein Sikh) zu mir gesellt und nicht mehr von mir abgelassen. Das ging so weit, dass er Witzchen übers Heiraten machte und mich zu küssen versuchte, was ich ihm denn doch verwehren musste. Ich sei ja schon sehr indisch geworden, meinte er, wenn mir das Küssen in der Öffentlichkeit unangenehm sei. Ich glaube, er hat da was missverstanden. Auch mein Sitznachbar zeigte sich sehr interessiert und gab mir all seine Nummern und betonte sein Singledasein und dass er weder trinke noch rauche und jetzt auch Vegetarier sei. Er reist viel und die Chancen bestehen, dass er nach Deutschland kommt. Ich muss irgendein Anziehungspillchen in diesen beiden letzten Tagen ins Essen gemischt gekriegt haben, sowas aber auch! Ego polieren kann ja nun nicht schaden. Und ich verlasse ein Land mit vielen neuen Adressen, zu denen ich unbedingt mal kommen soll. Gastfreundschaft ist hier jedenfalls wirklich sehr gross geschrieben.

Im Flugzeug von Kuala Lumpur kam ich neben einer sehr netten irischen Dame zu sitzen, die in Neuseeland ihren Sohn besucht, der Manager einiger Restaurants ist. Sie hat mir gleich seine Karte gegeben, ich könne mich bei ihm melden, wenn ich einen Job suche. Sie hat mir von ihrem schwierigen Verhältnis zu ihrem Vater erzählt, das sich an seinem Lebensende innerhalb von drei Wochen vollständig verändert hat. Der strenge Mann, den sie so distanziert erlebt hat, er hat eine ganz andere Seite gezeigt und auf einmal konnte sie ihren Frieden mit ihm machen. Sie haben nie soviel gelacht und sich nie so gut verstanden wie in diesen drei Monaten seiner Krankheit und er ist mit einem Lächeln eingeschlafen. Ich war beeindruckt und ich werde ihren Sohn kontaktieren.

Auckland empfing mich mit Regen. Nein, das hat mir nichts ausgemacht, Regen ist gut, wenn man fünf Wochen immer gleiches Wetter hinter sich hat: diesiger Sonnenschein, ein Blick aus dem Fenster war nie nötig. Schon im Flugzeug gab es westliches Essen- Omelett und Würstchen, das mein Magen anstandslos zu sich nahm. Und in Auckland angekommen wurde ich freundlich aber bestimmt über meinen Aufenthalt hier befragt in einem Englisch, das ich problemlos verstehen kann und bei dem ich nicht ständig nachfragen muss. Eine meiner ersten Handlungen war, meinen Kaugummi in einen Papierkorb zu spucken, was mich mit wahrer Befriedigung erfüllte. In diesem herrlichen, sauberen Land gibt es sogar Mülltrennung und der Bankautomat fragt einen, ob man auch noch eine Bestätigung übers Geldabheben haben will, wenn man an die Umwelt denkt. Ich machte innerlich kleine Hüpfer, ging derart wohlgelaunt zu einem Infoschalter und wurde nach meinem Befinden gefragt. Ich glaube, sie wollte es wirklich wissen, auch weitere Menschen interessieren sich hier einfach für einen, ohne einem dabei auf den Nerv zu gehen, wie es in Indien geschieht. Von der netten Dame bekam ich ein günstiges Hotel vermittelt, das mit ca. 14 Euro pro Nacht zu Buche schlägt. Sie hat es mir deswegen angeboten, weil man hier auch gleich viele andere Sachen organisieren kann, die das Arbeiten und das Wwofen (willing workers on organic farms) betreffen. Die Infodame verkaufte mir auch gleich noch ein Busticket in die Stadt und einen Adapter für die Steckdosen hier. Ich stieg in einen sauberen Bus, ich sah keinen Müll auf den Strassen, die hübsch angelegt sind und fühlte mich gleich derart entspannt und glücklich. Auch ein kleiner Stadtspaziergang und 3 Mädels aus England, die vor dem Studium eine Weltreise machen und nette Zimmergesellschaft waren, machten mich einfach nur glücklich. Und da ist die saubere Dusche mit dem warmen Wasser, da ist Klopapier, es funktioniert einfach alles. Von Deutschland aus hätte ich all das sicher nicht so schätzen können. Und die vielen Möglichkeiten: Kino, Aquarium, Bungyjumping, Surfen. Ein Stündchen im Buchladen mit Bildbänden über Neuseeland hat mich dann noch restlos überzeugt: es ist wunderbar hier und ich werde phantastische Natur sehen und vermutlich einfach nur glücklich sein. Nach zwölf Stunden Schlaf werde ich ein Konto eröffnen, mein soeben erworbenes Buch für meinen Aufenthalt auf Biofarmen durchgehen und mich gleich bei Familien melden und sonst einfach nur geniessen. Meine neue Handynummer habe ich auch schon erhalten und freue mich auf Anrufe und SMS: 0064-21686800. Ein entwickeltes Land mit einer verständlichen Sprache und all den kleinen Dingen, die man zu schnell für zu selbstverständlich erachtet (dauernd Strom, das Internet funktioniert einfach) aaaaaaah- ein Traum!

2 Kommentare:

Saschi hat gesagt…

Willkommen in Neuseeland! Danke für die tollen Indiengeschichten. Ich hab mich inzwischen in Lithauen rumgetrieben was weniger weit weg is aber auch zu interessanten Menschen führt. Regensburg jetzt unter Null aber noch kein Schnee. Bulernder Ofen und am Do werde ich für mich die DAV Kletterhalle einweihen. Grüsse Saschi

Tina hat gesagt…

Hallo Andrea!

Das klingt ja so, als hätten sich dir neue Welten eröffnet :)
Dann wünsch ich dir eine unglaublich tolle Zeit in Neuseeland! Genieß die Landschaft, muss unglaublich toll sein. Ne Freundin von mir war dort für 8 Monate - genial!
Aber nimm dich beim Wandern vor Wespennestern in Acht, die sind hinterhältig...

Machs gut und schreib weiter so fleißig!
Krones-Tina