Dienstag, 16. Dezember 2008

Der gute Jacques






Der Abschied von den Bartletts war in Ordnung. Ich bekam noch ein Lob, dass ich wirklich sehr hart an den Unkräutern war und wenn alle Wwoofer so arbeiten würden wie ich, hätte man den Garten locker in Schach. Na, das ist doch schon mal was. Ansonsten isses auch mal wieder gut, woanders hin zu gehen. Zumal ich jetzt wirklich einen guten Tausch gemacht habe.

Nun bin ich bei Jacques Goussard in Pokeno bei Bombay, eine dreiviertel Stunde von Auckland entfernt. Er hat mich direkt in Auckland aufgesammelt. Schon am Handy klang er sympathisch und ich war ziemlich begeistert als er vorfuhr und bin es noch: freundlich, gutaussehend, sportlich, offen und ein etwas gemeiner Humor. In unfassbar vielen Dingen ganz mein Stil. Er kocht gut, isst gesund, surft, mag klassische Musik, hat ein wirklich schönes Haus auf einem Hügel, von dem aus wir die ganze Gegend überblicken. Er ist viel in der Welt herumgekommen, geboren in Südafrika, gelebt in Holland, gereist in Europa und ist an Kunst und Musik und an den Eigenheiten der Menschen interessiert. Von denen hat er schon viel gesehen, wurde mit Waffen bedroht in Afrika, hatte eine Managerposition dort und hat nun Scottie als Kollegen, der, nun ja, ein wenig an lustige wilde Jungs in amerikanischen Filmen erinnert: munter, sehr chaotisch und ein rechter Aufschneider. Aber auch irgendwie in Ordnung. Hier scheint es nicht so viele Regeln zu geben wie bei den Bartletts, er und Scottie und Jamie bewirtschaften ein riesiges Land mit sehr vielen Kühen (allein 160 Milchkühe) und Schafen und meine Arbeit wird abwechslungsreich sein. Vor allem werden die Jungs dabei sein und ab morgen noch zwei Französinnen. Ich soll wohl auch irgendwelche Fahrzeuge fahren, werde beim Kuhmelken dabei sein und es scheint einfach Spass zu werden. Zudem geht Jacques gern ins Kino und verkauft Fleisch auf dem Markt – jede Menge Abwechslung also mit einem netten Typen in einem Traumhaus. Klingt nach Paradies.

Zweiter Tag bei Jacques

Ja, es hat was von Paradies hier. Man arbeitet zusammen, erst war ich dabei, Unkraut in der Einfahrt zu vergiften (wir witzeln schon, dass ich ausgerechnet damit auf einer Biofarm anfange), dann gings zum „grubbing“- wir haben Disteln aus dem Feld gehackt. Anstrengend, aber auch nett in dieser Gesellschaft und sicher aufregender als die drei Tage Unkrautjäten, die ich zuvor genossen haben, nach rigorosem Stundenplan. Besonders nett ist weiter Jacques, der hier ganz klar der Intellektuelle ist und deshalb auch mal schräg angeschaut wird. Er zieht sich auch gern mal zurück, was die anderen beiden nicht recht verstehen können, ich aber nur zu gut. Nach dem Unkraut gings ans Kühemelken und Scheissevomhofspritzen, das Melken hat mir doch tatsächlich bis dato am besten gefallen. Man muss schnell sein, es läuft dann aber auch alles ganz gut und man weiss sehr klar, wofür man es tut. Man treibt die 160 Kühe zusammen, sie gehen nach und nach in eine Art Karussell, in dem ich ihnen nach und nach von hinten die Melkmaschine aufsetzte. Ich war voller Kuhscheisse und wurde viel gelobt, es würde sonst zwei Wwoofer für diesen Job brauchen, ich würde das sehr gut machen. So machts natürlich noch mehr Spass. Doch nicht so schlimm mit den abgehobenen Philosophen. Danach waren die Jungs beim Tennis und ich beim Schwimmen im nahegelegenen Luxushotel. Ein Barbecue mit Fleisch vom eigenen Hof, schön Bio versteht sich, hat den Abend beschlossen. Jacques wollte zwar lieber allein (und mit mir, hähä) auf dem Hügel essen, aber da wären die anderen schwer beleidigt gewesen. Er erzählt sehr gerne aus seinem Leben, die Gespräche sind sehr interessant und wenn die anderen dabei sind gibts natürlich vor allem Witzchen. Die Französinnen findet er auch etwas frostig und vor allem haben sie ein ziemliches Englischproblem. Wenn ihren eher düsteren Minen doch mal ein Wörtchen entfleucht, versteht man es kaum und erst nach einigem Nachfragen. Ich habe beschlossen, nicht französisch mit ihnen zu reden und habe nicht offenbart, dass ich es könnte, ich will englisch lernen und das sollten sie auch versuchen - oder eben nicht, das ist ihre Sache.

Diese Reise hat für mich auch mit gesundem Egoismus zu tun: ich will viel davon profitieren und viel Spass haben und muss mich nicht vordergründig um andere Leute kümmern. Und für vieles mit vielen Leuten gibt es nur eine Chance, daher sollte ich die besser nutzen. Und obwohl ich mich hier sehr frei fühle und das Gefühl habe, auf dieser Reise nochmal so richtig zu spielen, glaube ich, dass das etwas mit Erwachsenwerden zu tun hat. Ich hole in manchen Dingen auf- heute gabs ein Glas feinen südafrikanischen Wein von Jacques und sogar ein Heinekenbier mit Zitronensaft- yeah. Das Farmarbeiten selbst ist ein wahres Vergnügen, mich stört weder die Kuhscheisse noch das Herumhacken.

Jacques scheint in einer kleinen Krise zu sein, ob er wirklich weiter und immer mit den Jungs herumhängen will. Vielleicht hat das für ihn auch mit Erwachsenwerden zu tun. Ich glaube, darüber werden wir noch öfter reden. Er ist eben doch anders, einer, der gern mal nachdenkt und seine Ruhe hat und nicht so sehr auf Party aus ist. Wie gesagt: sehr sympathisch.

1 Kommentar:

Unknown hat gesagt…

Hi Andrea,

viele liebe Grüße aus Leoprechting und schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!

Liebe Grüße
Benjamin +family