Freitag, 10. Juli 2009

Jobjagd in Sydney


Sydney – über vier Millionen Einwohner. Ein bisschen mehr als in ganz Neuseeland. Wir sind schweren Herzens abgereist. Leo hatte lange den Plan, nach Australien zu kommen und ich habe schliesslich ein Visum, das ich nutzen mag. Aber, ach, Neuseeland....
Als wir ankamen war es ein ziemlicher Aufwand, zu unserer Couch bei Danielle zu fahren. Sie sittet ein Haus mit 17 Vögeln zwanzig Kilometer ausserhalb des Zentrums, das wir bis heute nicht gesehen haben. Ein netter indischer Busfahrer hat uns nach Dienstschluss in seinem Bus zur richtigen Haltestelle gefahren, so dass wir zumindest in die richtige Richtung fahren konnten. Danielle holte uns dann von einer Tankstelle ab, da ab sieben kein Bus mehr zu ihr fuhr. Das Haus ist riesig und luxuriös, mit Pool und Giacometti- und Niki-de-Saint-Phalle-Skulpturen. Danielle ist freundlich und hilfsbereit, aber doch sehr anders als ich. Ich bin vor allem erstaunt, dass sie weder arbeitet noch ihre Studien recht ernstzunehmen scheint. Nein, das geht mich nichts an, ich bin dankbar, dass wir hier die Couch beschlafen dürfen. Ich stelle nur fest, wie unterschiedlich ihr Leben ist. Sie kann den Tag im Einkaufszentrum und im Cafe verbringen, kauft sehr gerne sehr viel ein und ist dann müde und mag DVDs anschauen. Wo sie auch hinwill, wird das Auto bemüht und das Einkaufszentrum ist in einem ganz anderen Stadtteil, was freilich viel Zeit in Anspruch nimmt. Sie hatte gestern Freunde zu Gast, die Leo bekochte und ich ein wenig beplauderte. Prompt trafen wir heute einen von ihnen im Einkaufszentrum wieder. Von wegen- das ist eine grosse Stadt.

Danielle ist leicht zu erstaunen, vor allem, wenn ich im Pool schwimmen gehen, was frisch, aber nicht unmöglich ist. Ich merke, dass ich mit ihrem gemächlichen Temperament etwas kollidiere, zumal wir sehr motiviert sind, Arbeit zu finden und dann wenig auf relaxen mit unzähligen Filmen aus sind. Leo hat ihre fünf Freunde bekocht, die zu Besuch kamen und damit einen grossartigen Dienst geleistet. Überhaupt ergänzen wir uns gerade gut. Ich kümmere mich um die Computerdinge und unterhalte manche unserer Couchgastgeber, er hat ein Ohr und einen Draht zu ganz anderen. Wir kommen erstaunlich gut miteinander klar, er lässt mir viel Freiheit, sei es, dass ich laufen gehe oder längere Zeit im Internet oder im Buchladen verbringe. Er ist ausgeglichen, hilfsbereit und freundlich und wird zusehends lockerer. Er ist sehr glücklich über die Couchsurferei, sagt sogar, er profitiert mehr davon als vom Apfelpflücken, weil er sich gezwungen sieht, mit sehr unterschiedlichen Leuten ins Gespräch zu kommen. Und dabei hatte er anfangs überhaupt keine Lust auf fremde Häuser und Menschen und vor allem Küchen.

Wir beide sind uns sehr bewusst, dass wir Geld brauchen. Zackzack haben wir gestern Konto beim nervigsten und langsamsten Japaner mit dem anstrengendsten Nichthumor des Planeten in einer kurzweiligen Stunde eröffnet, Handynummer (0421 726220 - liebe Anrufe sehr willkommen! ) erworben, Steuernummer beantragt und Jobmöglichkeiten auskundschaftet. Ich habe mich in einem Buchladen beworben- ein Traumjob wäre das freilich und ich werde mich in möglichst vielen anderen bewerben und überlege, Fahrradkurier zu werden. Leo hat sich auf Kochstellen beworben. Ihn zieht es in abgelegene Gegenden, wo die Unterkunft mit gestellt wird. Er will das aber nur machen, wenn sie mich auch nehmen. Eine gute Idee, da wir an einem solchen Ort kaum Geld ausgeben, aber gut verdienen können. Drückt uns die Daumen, dass uns was Gutes in den Schoss fällt!

Ab morgen verbringen wir die Nächte auf der Couch von Art, der uns mit dem Auto abholt- welch Luxus! Er scheint seinen deutschen Schäferhund über alles zu lieben.

Ich überlege, was ich intellektuell tun kann. Ich suche Futter. Welchen Philosophen lesen, über welche Dinge was dazulernen, wenn wir wieder arbeiten, vermutlich sehr, sehr abgelegen. Ich arbeite an meiner philosophischen Allgemeinbildung, bin ich doch schauderhaft erschreckend vergesslich, wenn es darum geht mir zu merken, welcher Philosoph welche Position in welchem Bereich vertreten hat.

Keine Kommentare: