Dienstag, 31. März 2009

Immer mehr Äpfel- und das ist erst die halbe Saison







Das ist Peter. Nein, man sieht ihn nicht auf dem Photo. Er versteckt sich, weil er nicht photographiert werden will. Er besitzt den grössten Obstgarten in der Gegend. Die anderen hier sind nur halb so gross. Um Peter herum sind ungefähr zwanzig Pflücker und fünf Staplerfahrer und zehn Leute, die Äpfel im Packhaus verpacken. Peter hat ein stattliches Haus, ein paar Pickups, ein paar Autos und ein Motorrad mit dem er durch seine Apfelreihen braust und guckt, ob die richtigen Äpfel auf die richtige Weise gepflückt werden. Wenn kein Hagel gekommen ist. Dreissig Sekunden Hagel und er ist ruiniert, sagt er. Ansonsten kann man schon Geld machen, vor allem mit Export, aber es ist eben nicht so arg einfach. Viele Gärten in der Gegend haben aufgegeben, die Besitzer pflücken ihre Äpfel selbst und verkaufen sie an einem kleinem Obststand auf einem Bauernmarkt. Und wenn die Äpfel von den Pflückern ruiniert werden, weil man sie verkratzt hat, weil man sie in die Tasche hat fallen lassen oder weil der Pflücker im Matsch ausgerutscht ist und mitsamt seiner Äpfel in den Bin gefallen ist und sie gequetscht hat, dann werden sie gesaftet. Klingt gut, ist aber furchtbar. So ein Bin hat 460 Kilo und wenn die Äpfel gesaftet werden müssen, kriegt Pete einen Cent pro Kilo. Das wären dann 4,60 Dollar pro Bin, für den er allein den Pflückern durchschnittlich 40 Dollar bezahlt. Es gibt viel Saft in der Welt, das stimmt. Aber Saft ist nur ein Nebenprodukt der Pflückerei. Niemand baut Äpfel für Saft an.

Nachdem wir die Äpfel in die Bins gepflückt haben, holt sie ein Traktor ab und bringt sie zum Packhaus. Dort kommen sie in ein grosses Becken und schwimmen dort durch eine Pumpe getrieben zu einem Fliessband, das sie ins Packhaus transportiert. Dort werden sie auf „bruises“ (Kratzer und Dellen) von einer Frau gecheckt. Dann laufen sie weiter in eine Lichtbox, wo sie photographiert und so auf Reife kontrolliert werden. Von dort werden sie noch auf Grösse angeguckt und dann in diese lila eierkartonähnlichen Steigen gelegt bevor sie dann aufeinander in eine Box kommen, fertig für die Weltreise.

Im Allgemeinen tut mir das Apfelpflücken sehr gut. Es ist eine grosse Meditation. Ich geniesse es, wie mein Leben sich wie ein Film nach und nach entrollt. Ich pflücke und ich blicke zurück, mehr als ich es jemals getan habe. Ich denke über all die guten Zeiten nach, über mein Studium, ich denke an meine Freunde, an einzelne Szenen, an Orte. Ich vermisse das Dichte, das Deutschland zu bieten hat. Viele Geschäfte in den Städten, Buchläden, Musik, vielseitige Kultur an jeder Ecke, enge alte Gassen, historische Gemäuer. Am meisten aber vermisse ich die schneebedeckten Berge und die Skitouren. Ich kann mir nicht vorstellen, in einem Land ohne Schnee zu leben. Nein! Und ich denke über meine Zukunft nach. Da gibt es noch viele interessante mögliche Lebenswege und sinnvolle Dinge zu tun. Vielleicht geht das zu zweit auch wirklich leichter, mal sehen. Ich habe einige Sorgen auf der Strecke gelassen und beschlossen, dass ich weiter geniessen werde, was mir dieses wunderbare Leben zu bieten hat.

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